Platte des Monats in M U S I K E X P R E S S 2/79 FLYDAY Kraan Harvest 06445 210 "Flyday" ist eine hochgradig emotionale LP, auf der die reformierten Kraan, die ja sowie- so noch nie auf dem deutschrockigen Kulturtrip waren, ge- löst und spontan wirken wie kaum eine andere europäische (!) Band. Ohne dem alten Schlagzeuger Jan Fride Böses zu wollen, muß sofort erwähnt werden, daß der neue Drum- mer Udo Dahmen auf Anhieb dermaßen eingegliedert spielt, als habe er zeitlebens bei Kraan mitgewirkt. Und hier beginnt auch schon die hohe Qualität von ,,Flyday": Dah- men ist nie präsent, aber stets anwesend. Diesem Para- dox stehe ich selbst hilflos gegenüber, uüd die einzige Erklärung, die mir dafür einfällt, klingt wie ein AUge- meinplatz: Dahmen spielt halt so "einfühlsam" Ahnliches gilt für Hellmut Hattlers Baß. Ingo Bischofs Moogs verhalten sich schon anders, treten gelegentlich in den Vordergrund(in "You're Right" bewerkstelligen sie ,ne Men- ge) und bleiben ansonsten stets auf Tuchfühlung mit dem Vordergrund, der weitgehend Peter Wolbrandts Gi- tarre gehört. Nicht, daß Peter dauernd Soli aus dem Ärmel schüttelt; aber stetig formt er die Songs mit leicht ver- wunschen anmutenden Klängen aus, was mit Ingos Key- boards glänzend korrespondiert. Und dazu, allen Kraan-Kennern wohlbekannt, Hattlen und Wolbrandts Gesänge, die öfters mit scat, also wortlosem Gesang, liebäugeln. Die Höhepunkte des Albums scheinen mir, von "You're lgight" abgesehen, zwei Instrumentals mit Namen "Far West" und "Ausflug" zu sein. Hier taucht am ehesten die Erklä- rung auf für Hellmut Hattlen Aussage: "Unsere bisher ex- tremste Platte". Einerseits besitzen diese beiden Stücke Klas se genug, um Pink Floyds "Wish You Were Here" als vielbe- nutzter TV-Hintergrundmusik. bald den Rang abzulaufen; an- dererseits passiert (Kopfhörer!!) hier unendlich viel zwischen den Zeilen, was dem möglichen Eindruck widerspricht, dies seien höhepunktslose, stromlinienförmige Nichtssager. Durch die Bank läßt sich bemerken, daß "Flyday" die seltsame Eigenschaft besitzt, als Hintergrund ebenso zu taugen wie als intensiver Hörgenuß. Eine gehörige Portion Komplimente muß auch an Conny Planck gehen: Die Ab- mischung der Platte folgt genau dem Fluß der Musik - irgendwo zwischen erdig und schwerelos. Last but not least: Vergleiche mit anderen Platten oder Bands! Der Begriff "Westcoast", Synonym für elanvolle Entspanntheit in der Musik, hinkt hier, nicht nur wegen des soziologischen Hintergrunds. Rein durch Zufall läuft, wäh- rend dies geschrieben wird, "L" und "Motivation Radio" von Steve Hillage. Schon ein doller Zufall.... das paßt nämlich! ***** ba