Jan Fride

Der » Kraanich« fliegt wieder ( Interview von www.drumsundpercussion.de )

Mit »Kraan« rückte er vor über zwei Jahrzehnten bereits ins Rampenlicht und gilt bis heute als Vorbild für viele Groove- Drummer. Nun kehrt er mit Kraan und einem neuen Album im Gepäck auf Deutschlands Bühnen zurück – Jan Fride.Jan Fride

Kraan, das waren in den siebziger Jahren die Vorreiter einer neuen Stilistik, mit ihrem Psychodelic-Krautrock und den Anleihen im Jazz. Was die Musik von Anfang an auszeichnete, war der unbändige Groove, der Puls in der Musik. Und der wurde in erster Linie von Hellmut Hattler am Bass und Jan Fride am Schlagzeug geprägt. Die Band war zudem bekannt für ihre ausufernden Improvisationen und agierte musikalisch sowie technisch immer auf höchstem Niveau. Als die Improvisationen weniger wurden, verlor Jan Fride die Lust an der Musik und verließ Kraan. Sein Nachfolger wurde Udo Dahmen, der mit Kraan seine erste wirklich große Band hatte. In den neunziger Jahren löste sich die Band aber gänzlich auf, Hattler gründete zusammen mit Joe Kraus »Tab Two«, die restlichen Musiker lebten verstreut über ganz Deutschland und um Jan Fride war es ruhig geworden. Wie der Zufall es wollte, bereitete vor knapp drei Jahren das »Fachblatt Musik Magazin« eine Story über Kraan vor und interviewte dazu natürlich alle Musiker. Dadurch entstand auch wieder ein direkter Kontakt der Musiker untereinander - und das endete letztendlich im Jahr 2000 mit einer ersten Clubtour und führte 2001 zu einem Livealbum. In 2002 wurden dann weitere Konzerte gespielt und zum Jahresende ein neues Album in Eigenregie produziert, welches im Mai diesen Jahres erscheinen soll und mit einer großen Tour promotet wird. Wir trafen Jan Fride im Dezember 2002 in Essen bei einer kurzen Testtour, die altes und neues Kraan Material bot - und das vor ausverkauftem Haus enthusiastisch aufgenommen wurde.
Aber lassen wir Jan selbst mal seine Version dieser Reunion erzählen, die ja doch für reichlich Aufregung in der deutschen Musikszenerie gesorgt hat.

»Also, eigentlich »schuld« an dieser Wiedervereinigung von Kraan ist das Internet. Es gibt seit Jahren eine Homepage im Internet, die von einem skandinavischen Fan gemacht wird und immer für viel Gesprächsstoff sorgt. So kam es, dass mein Bruder und Gitarrist von Kraan, Peter Wolbrandt, einige Tapes per Post erhielt, mit alten Aufnahmen aus den siebziger Jahren. Daraus hat er eine CD zusammengestellt und diese an Freunde verschickt. Diese, ohne Hintergedanken gestartete Aktion, sorgte für reichlich E-Mails mit Anfragen zu »Kraan« und weckte in Peter wieder das Interesse an der Musik und der Band. Zugleich hatte ich den Hellmut bei einem Gig in Frankfurt getroffen, wo er mit »Tab Two« und ich mit »De-Phazz« spielte. Er war ganz überrascht, mich mit einem Schlagzeug zu sehen und sprach auch das Thema Kraan an. Wir hatten uns einige Jahre nicht gesehen, haben später ein Treffen in Ulm mit Peter und Ingo Bischoff, unserem Keyboarder, arrangiert, wo auch die ersten Sessions stattfanden.«

Und die waren sofort überzeugend ?
»Das waren sie, da unser Zusammenspiel sofort stimmte und dieser Stil in unseren Genen liegt, in uns eingebrannt scheint. Diese Sessions waren einfach grandios und liefen wie im Schlaf ab. Es gab daraufhin auch gleich zwei gute Angebote für das Donaufestival in Ulm sowie das Herzberg-Festival - und das waren dann zugleich die ersten Gigs in der alten Vierer-Besetzung. Wir haben nur alte Stücke gespielt und beim Herzberg-Festival entstand dann auch der Live-Mitschnitt zur CD, die in 2001 erschien. Die CD war und ist natürlich auch nur über‘s Internet erhältlich, wobei der Michael Bohn aus Dänemark, der seine Kraan-Homepage leitet, hier extrem behilflich war. Das alles hat uns natürlich extrem ermutigt und von da an haben wir wieder regelmäßig Gigs gespielt. Die liefen bisher auch alle sehr gut, waren toll besucht, wobei das Publikum häufig grauhaariger wird - wenn es denn noch Haare besitzt. Die Leute sind eben mit uns gealtert, aber auch junges Publikum kommt zu den Gigs - das macht schon Spaß, muß ich sagen.«

Immerhin so viel Spaß, dass ihr auch ohne Deal im Herbst/Winter 2002 ein neues Studioalbum produziert habt, was demnächst erscheinen soll!?
»Stimmt, wobei diese Produktion wirklich sehr spartanisch war. Wir haben nämlich auf 8 Spuren aufgezeichnet, fünf davon für Drums und je eine für die anderen Instrumente. Die wurden dann auf zwei Spuren heruntergemischt, um weitere Dinge wie Vocals und Percussion aufzunehmen. Dazu habe ich z.B. Congas, eine Madga, Shaker, Talking Drums usw. eingesetzt, eben was mir persönlich zu den Stücken gefiel und einfiel. Insgesamt bin ich auf alle Fälle total zufrieden mit den erreichten Ergebnissen.«

Jan FrideWarum denn so spartanisch und nicht in einem regulären Studio unter entsprechenden Bedingungen?
»Dafür gibt es mehrere Gründe, die vollkommen unterschiedliche Aspekte haben. Zum einen gibt es für dieses Album keinen Deal und somit auch keinen Etat. Wir wollten diese Aufnahmen sehr frei gestalten und haben daher erst gar nicht mit irgendwelchen Labels verhandelt, sondern sind selbst aktiv geworden. Zum zweiten weiß keiner, wie das Album überhaupt ankommt, ob es Erfolg hat und sich verkaufen wird. Daher war »Low Budget« angebracht. Und drittens habe ich dort, wo ich am Bodensee lebe, eben all das notwendige Equipment. Es gibt einen guten Raum mit entsprechender Akustik und Maschine, Pult, Mikros und Effekte sind vorhanden. Das ist zwar alles kein High Tech Equipment, aber man kann damit arbeiten. Und hier hatten wir auch die notwendige Ruhe, um unsere Musik zu entwickeln. Es gibt keinen teuren Tagessatz in irgendeinem Studio, der dir täglich bewußt ist, wenn du kreativ arbeiten sollst. Wenn etwas nicht funktioniert hat, wurde es einfach geschoben oder eben so lange probiert, bis es allen gefiel. Der Druck war somit eigentlich gänzlich ausgesperrt und jeder konnte sich locker mit einbringen.«

Und die Musik, die uns hier erwartet, knüpft an die alten Zeiten von Kraan an?!
»Das hoffe ich doch. Die ersten Sachen, die fertig gemischt waren, haben zumindest mich vollkommen überzeugt. Wir haben wieder die alten Konzepte aufleben lassen und eigentlich alles live eingespielt. In der Regel haben wir das zu dritt gemacht mit Schlagzeug, Bass und Gitarre und Ingo hat die größten Teile der Keyboards dann später darauf gespielt. Jedes Stück wurde etwa 5 bis 8 mal aufgenommen und jeweils zwei Versionen haben wir dann behalten, um darauf aufzubauen. Letztendlich wurde dann davon immer die beste Version für den Mix ausgewählt. Überhaupt war alles recht live-mässig und das Drumkit z.B. nur mit wenigen Mikrofonen bestückt. So gab es lediglich ein Overhead, ein Bassdrum Mikro, die Toms waren paarweise gemikt und die beiden Snares einzeln. Als es dann ans Mischen ging, mußten wir uns schon einige Flüche des Toningenieurs anhören, der durch diese Art aufzunehmen natürlich viel mehr Probleme hatte. Er hat z.B. die Snare-sounds verbessert, indem er eine Snare vor einen Lautsprecher gestellt hat, über den ausschliesslich das ursprüngliche Snaresignal von meinen Aufnahmen kam. Er hat dann lediglich den Teppich per Mikro aufgenommen und das unseren Tapes hinzugefügt, um den Ton des Instrumentes satter und fetter zu gestalten. Ich denke, bei der nächsten Produktion werden wir daher ein paar mehr Mikros auffahren und etwas bedächtiger arbeiten.«

Bringt ihr die CD dann auf einem eigenen Label heraus?
»Das läuft auf Hellmut‘s Bassball-Label, wodurch wir auch in den Genuß eines Vertriebes kommen, aber ansonsten die Gesamtkosten schon sehr gering halten können. Eigentlich ist dies eine ideale Methode für alle Bands, die ohne Deals und große Etats auskommen müssen. Und was hinzukommt, man verdient wesentlich schneller, da man nicht von einem bestimmten Satz der Plattenfirma abhängig ist und erstmal eine gehörige Anzahl CDs absetzen muß, bevor etwas Geld fließt. Ich kann mir daher durchaus vorstellen, dass wir auch weiterhin so arbeiten werden und vieles in Eigenregie gestalten, um die Fäden bei Kraan selbst zu ziehen.«

Deine persönliche Kraan-Pause dauerte ja mehr als zehn Jahre. Wie kam es überhaupt damals zum Bruch zwischen euch?
»Aus meiner Sicht waren es, einfach ausgedrückt, »musikalische Differenzen«, die zum Bruch führten. Die letzten CDs, die wir noch zusammen aufgenommen haben, waren mir einfach zu konfus. Es fehlte der Faden, der sich durch ein Album ziehen sollte und es war mir zuviel Technik im Spiel. Es wurde viel programmiert und wenig gespielt - und das nahm das Leben aus der Musik. Auf dem neuen Album gibt es sicherlich Stellen, wo wir das Timing mal anziehen oder Fills, die minimal haken, aber das macht nichts, denn es klingt einfach lebendiger, ist eben live eingespielt von Musikern und nicht von Maschinen. Aber zu jener Zeit gab es einfach viele Probleme in der Band, weil jeder versuchte, eine andere Richtung einzuschlagen - und daher das Gesamtkonzept zerbrach. Das kommt wohl bei vielen Bands vor, wobei es die wenigsten dann schaffen, nach Jahren wieder zusammen zu arbeiten und vielleicht an frühere Erfolge anknüpfen können. Ich hoffe, dass uns das gelingt.«

Was hast du denn in den zehn Jahren Übergang gemacht?
»Also, was großes war da über die Jahre eigentlich nicht dabei. Bis auf den Namen »De-Phazz« wird man da wohl kaum was kennen. Und meine Rolle in der Band war auch sehr eingeschränkt, da ich lediglich Overdubs gemacht habe. Die Band hat live ja meistens mit Halb-Playbacks gespielt, sprich der Gesang war live und der Rest vom Tape bzw. einer CD. Dazu habe ich dann im Percussion- und Drumbereich noch Overdubs gemacht, was für mich kein wirkliches Spielen war. Daher hat mich die Sache auch nicht mehr besonders gereizt - und im Jahr 2000 habe ich damit aufgehört. Die Musik finde ich aber immer noch toll, sie spricht mich an und hat das gewisse Etwas. Dann habe ich einige Zeit gar keine Musik gemacht, mich nur um meine Freundin und mich gekümmert und in ihrem Laden mitgearbeitet. Es gab aber auch Phasen, wo ich für einen Heidelberger Musiker, der CDs für Kinder macht, ein bisschen Percussion eingespielt habe sowie mit der Folk-Rockband »Zeitenwende« über einige Monate gearbeitet habe. Dann gestalte ich hin und wieder Internetseiten für Bekannte, arbeite viel am Computer - was mir jedoch mit der Zeit zuviel wird, immer nur in den Bildschirm zu glotzen. Musiktheater habe ich auch noch gemacht, aber meist eben alles mehr im Under-ground Bereich und nichts wirklich großes. Ich hab mich halt durchgeschlagen, könnte man wohl am besten sagen.«

Du giltst heute wieder häufig als Vorbild, insbesondere für all die Drummer, die mehr Groove-orientiert arbeiten. Bei Kraan warst du immer der groovende Puls und hast dich durch deinen Stil doch drastisch von allen anderen deutschen Trommlern unterschieden. Woher kommt dieser immer noch vorhandene Stil, dieses Groove-orientierte Trommeln ohne viele Fills und Licks, aber dennoch geprägt von einer gewissen Raffinesse?
»Nun, wie soll ich das erklären? Ich denke, es hängt vieles an der Tatsache, dass ich musikalischer Analphabet bin. Ich kann keine Noten lesen, gebe daher auch keinen Unterricht und hatte auch selbst nie welchen. Ich spiele nur das, was mir gefällt, was ich fühle, ohne dass ich jetzt konkret beschreiben könnte, was ich da gerade spiele. Ich bin absoluter Autodidakt und konzentriere mich bis heute vollends auf meine Grooves. Wenn ich auf der Bühne bin, gibt es für mich nur noch die Musik und eine gewisse Trance, in die ich mich hineintrommle. Ich höre zu, was die anderen machen und versuche, darauf zu reagieren, indem ich bestimmte Figuren kopiere und eben ein interaktives Agieren aufbaue. Ich habe z.B. vor Kraan schon Free Jazz gespielt und während dieser Phase unheimlich viel gelernt. Es geht darum, zuzuhören, zu verfolgen, was der andere gerade macht, darauf zu reagieren und so eine Verschmelzung oder Verzahnung der Instrumente zu erreichen. Die Musik im Free Jazz war gänzlich ohne Groove - und bei Kraan war es dann der Groove selbst, auf den ich mich konzentriert habe, insbesondere bei den ausführlichen Improvisationen, die wir damals gespielt haben. Als das Ganze dann immer mehr durchstrukturiert wurde und die Improvisationen auf das Notwendige gekürzt wurden, bin ich ausgestiegen. Das war nicht mehr mein Ding, es langweilte mich einfach. Das Risiko einer Improvisation ist halt die Möglichkeit, dass es schon mal schief gehen kann, aber dafür erhält man die Spannung in der Musik. Als die damals weg war, war das gleichbedeutend mit meinem Ausstieg. Die letzten CDs waren ja zu großen Teilen programmiert und ich habe kaum noch gespielt.«

Hattest du denn damals keine Gelegenheit, dich mehr einzubringen und die Maschinen im Studio zu ersetzen?
»Um ehrlich zu sein, ist das nicht mein Ding. Wenn jemand am Computer bereits alles fertig hat und das ins Studio mitbringt, möchte ich nicht derjenige sein, der dazu trommelt oder Dinge ersetzt durch akustische Instrumente. In meinen Augen bringt das nichts und klingt zu steril. Heute arbeiten wir eigentlich wieder so wie in den siebziger Jahren. Wir treffen uns und jammen einige Zeit, wobei dann stets ein Tape mitläuft, was man später gemeinsam abhört. Parts, die gefallen, behält man und fügt noch die notwendigen Details hinzu - und den Rest verwirft man halt. Dadurch klingt die Musik wesentlich frischer, hat mehr Überraschungsmomente, ich kann mehr dazu beitragen und reproduziere nicht nur irgendwelche Vorgaben.«

Deine Arsenal an Percussion-Instrumenten ist »live« wieder etwas gewachsen und dennoch gehst du mit dem Einsatz offensichtlich sehr sparsam um?
»Momentan gehe ich noch sparsam mit der Sache um, da wir bisher hauptsächlich ältere Stücke bei den Gigs spielen. Dazu genügt mir die eine Timbale links neben der HiHat sowie die Cabasa, die ich oben auf die HiHat schraube. Bei getretener Spielweise erreiche ich so einen percussiven Zusatzsound. Wenn wir jedoch im Frühjahr mit dem neuen Programm touren, muß ich ja die Percussion- Sachen, die ich per Overdubs eingespielt habe, mit integrieren - und das wird schon aufwändiger. Ich habe überlegt, mit Sampler und Pads zu arbeiten, was jedoch mein Trommeln wieder beeinflusst, ich verliere meines Erachtens nach zu viel Konzentration auf den eigentlichen Groove. Ich müßte ja viel Umschaltarbeit leisten beim Spiel, die anderen müßten das dann in ihre Monitore bekommen usw. - alles Aufwand, den ich zu umgehen versuche. Da muß mir eben noch etwas einfallen bis zur Tour.«

Wie wichtig ist dir denn generell dein Drumsound, live und im Studio?
»Auf alle Fälle wichtig, obwohl ich eigentlich früher nie zufrieden war und heute damit zumindest im Studio schon besser umgehen kann. Mein »Kraan« Drumsound war zwar immer etwas anders als der von anderen deutschen Trommlern, aber ich hätte mir noch mehr Dynamik und Fülle gewünscht. Ich arbeite ja jetzt auch mit Equipment, was ich mir so zusammen gekauft habe in den letzten Jahren. Dazu gehören z.B. zwei unterschiedliche HiHats. Ein herkömmliches Modell in 14? und ein von mir kombiniertes mit zwei 18? Becken. Dabei hat das untere noch angeschraubte Tambourine Schellen, um einen Hip-Hop-artigen Klang zu erreichen. Die wechsle ich dann beim Gig je nach Gebrauch. Damit erreiche ich neuartige Sounds, ohne dass ich auf Sampler zurückgreifen muß. Das Drumkit und die Drums habe ich gebraucht gekauft im Drumshop in Markdorf und so ist mein Set mit der Zeit gewachsen. Ich spiele jetzt auch zwei Snaredrums, eine tiefe mit fettem Sound und eine flache Piccolo, die sehr schön knallt. Der Aufbau ist mit den Snares zudem so gehalten, dass ich diese mühelos erreiche und so im Groove schnell wechseln kann. Daher sitzt die flache Snare halt nicht links neben, sondern leicht schräg über der HiHat. Das erleichtert mir die Arbeit und ergibt von selbst neue Grooves.«

Woher kommen denn überhaupt die Ideen für deine rhythmische Arbeit bei Kraan?
»Vieles kommt aus der Musik, die ich höre. Dazu gehört Hip Hop, drum’n’bass oder Techno in seinen Anfängen. Afrikanische Musik - eben alles mögliche, was ich so gehört habe oder immer noch höre. Hip Hop ist das heute weniger, das klingt mir mittlerweile zu sehr nach Werbespots. Na ja, daraus bastele ich dann meine ur-eigenen Grooves, die zusammen mit Bass und Gitarre das Grundgerüst der Kraan- Stücke bilden. Und da wir jetzt wieder mehr jammen und improvisieren, klingen sie halt auch wieder offener und freier, so wie früher.«

Kraan gehörte ja früher zu den Bands, die gemeinsam in einer Wohngemeinschaft lebten und aus dieser Form des Lebens auch Kraft für ihre Musik schöpften, was heutzutage in dieser Form nur noch selten vorkommt!?
»Das hat ja auch damals eigentlich nur bedingt funktioniert. Früher in Wintrup war es einfacher, so zu leben und zu arbeiten. Man hatte immer direkten Zugang zur Musik und bekam sofort mit, wenn der andere etwas übte, konnte schnell darauf reagieren. Ähnlich sind heute wieder die Jam Sessions, wo in einigen Stunden Zusammenspiel neue Ideen entstehen. Nur kommt das nicht mehr so häufig vor, da jeder für sich lebt und das über Deutschland verteilt. Aber diese Form des Zusammenlebens funktioniert meist nicht mehr, wenn Familien entstehen und Kinder dazu kommen. Dann wird es schon sehr schwierig - und daran sind wir ja auch damals zerbrochen in gewisser Form.«

Jan FrideDu lebst aber immer noch ohne große Zukunftspläne und hast auch nie versucht, neben Kraan eine weitere große Band aufzubauen oder irgendwo einzusteigen?
»Nein, das hat sich einfach nie ergeben. Ich hatte früher mal diverse Studioangebote, die ich jedoch nicht gemacht habe. Ich kann halt keine Noten lesen und brauche daher etwas zum Hören, muß mich in die Musik vertiefen, um etwas Gutes abzuliefern. Und das dauert den meisten zu lange. Es muß immer schnell gehen und das ist nicht meine musikalische Welt. Bei der Kindermusik war es einfacher, da die Zielgruppe eine andere ist und ich mich auch gut in diese Welt versetzen kann. Das habe ich auch jobmässig auf Messen gemacht in den 80-er Jahren und das hat mir gefallen. Aber das Beste ist immer noch die Rückkehr von Kraan und die Gigs. Wieder vor Publikum zu spielen, die Energie zu fühlen, die vom Publikum ausgeht. Das habe ich schon vermisst und genieße es daher jetzt umso mehr.«

Was hat es mit deinem Künstlernamen auf sich, Jan »Fride«? Eigentlich heißt du Jan Wolbrandt, und bist der Bruder von Peter, eurem Gitarristen.
»Der Ursprung war eigentlich der, nicht zur Bundeswehr zu müssen und unter dem Namen Fride konnte man mich unterwegs nicht zur Musterung holen, da man mich ja nur als Jan Wolbrandt kannte. Fride ist übrigens mein zweiter Vorname, was die Sache erleichterte. Ich bin aber dann in den achtziger Jahren doch noch zur Musterung gegangen und wurde wegen mangelndem Ernährungszustand auf unbestimmte Zeit zurückgestellt. Somit war eigentlich alles für die Katz - und dennoch habe ich den Namen behalten. Aber als Ersatzreserve bin ich sicherlich immer noch registriert und werde, wenn’s ganz hart kommen sollte, vielleicht eines Tages eingezogen.«

Wie sehen denn deine Zukunftspläne jetzt aus?
»Die gibt es eigentlich immer noch wenig konkret. Ich hoffe, dass das mit Kraan jetzt erstmal funktioniert und dann schauen wir weiter. Ansonsten werde ich versuchen, mehr mit dem Computer zu erreichen, Videos schneiden und bearbeiten usw. Eine Rentenversicherung habe ich noch nicht, das schiebe ich immer vor mir her. Ich lebe eher für den jeweiligen Tag und nicht in die konkrete Zukunft. Aber das wird schon funktionieren. Ansonsten arbeite ich zu Hause immer an Sounds und Musik, was jedoch nicht zur Veröffentlichung geeignet ist. Üben tue ich ja eigentlich auch nicht wirklich. Ich spiele lieber mit anderen, mache Sessions usw. Bei mir ist es immer mehr spielen als arbeiten. Besonders, was die Kraan Musik betrifft.«

Die Aufnahmen zur neuen CD hast du komplett betreut, was die Technik betrifft ?
»Das kann man so sagen, wobei es nicht viel Aufwand war. Keyboards und Bass gingen direkt ins Pult, Peters Gitarre wurde über einen Amp abgenommen und dazu kam noch das Drumkit. Später Gesang und Percussion als Overdubs und alles ohne Effekte oder Kompression eingespielt, um später beim Mix mehr Freiheiten zu haben. Das war insofern eine recht spartanische Technik. Bei Hellmut‘s Alben sieht das schon anders aus, das ist dann meist Technik pur - und hierbei kann ich mich mit einigen eigenen Samples einbringen, die ich zu Hause produziere.«

Text & Fotos
Heinz Kronberger http://www.drumsundpercussion.de